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Text File  |  1996-10-15  |  8KB  |  64 lines

  1. Erhalt des Kunsthauses Tacheles
  2.  
  3.  
  4. Sehr geehrter Herr Mehlitz,
  5.  
  6. herzlichen Dank f├╝r das aufschlu├ƒreiche Gespr├ñch am vergangenen Dienstag. Sie hatten uns ├╝ber eine Sachlage informiert, die sich nach unserem Verst├ñndnis wie folgt ver├ñndert hat: 
  7.  
  8. 1.    Ihr Haus hatte Widerspruch gegen die verm├╢gensrechtliche Zuordnung an die Oberfinanzdirektion Berlin u.a. f├╝r das Grundst├╝ck, auf dem das Kunsthaus Tacheles steht, eingelegt.
  9.  
  10. 2.    Die Senatsverwaltung f├╝r Finanzen hat k├╝rzlich Ihr Haus aufgefordert, die Grundst├╝cke zu erwerben und entsprechende Mittel aus ihrem Haushalt daf├╝r bereitzustellen. Dabei ist nicht erkennbar, weshalb dies zu diesem Zeitpunkt erfolgt ist.
  11.  
  12. 3.    Dieses Verhalten der Senatsverwaltung f├╝r Finanzen hatte zur Folge, da├ƒ Sie Ihren Widerspruch gegen die Grundst├╝ckszuordnung an die OFD zur├╝ckgenommen haben, so da├ƒ innerhalb von voraussichtlich zwei Monaten die OFD als Eigent├╝merin im Grundbuch eingetragen sein wird. Die OFD hat daraufhin angek├╝ndigt, als Eigent├╝merin das Kunsthaus wegen fehlender Verkehrssicherung  r├ñumen zu lassen.
  13.  
  14. 4.    Herr Radunski hat daraufhin Hern Jagdfeld und die OFD zu einem Gespr├ñch gebeten. Ergebnis des Gespr├ñchs war das  wirtschaftliche Angebot von Herrn Jagdfeld, das Tacheles f├╝r den Zeitraum von zehn Jahren  zu erhalten, die Verkehrssicherung herzustellen und als Gegenleistung "eine DM" zu verlangen. Die n├ñheren Bedingungen des Angebots sind nicht konkretisiert worden. 
  15.  
  16. 5.    Sie hatten es ├╝bernommen, uns dieses Angebot  zu ├╝bermitteln und - soweit wir damit einverstanden sind - die Verhandlungen zwischen Investor und uns zu moderieren.
  17.  
  18. Wir sind von der Sachlage und der pl├╢tzlichen Beschleunigung des Verfahrens ├╝berrascht. Das Verhalten der Senatsverwaltung f├╝r Finanzen ist uns nicht verst├ñndlich.
  19.  
  20. F├╝r das Angebot werden wir uns bei Herrn Jagdfeld pers├╢nlich bedanken und sehen hierin eine gute Gespr├ñchsgrundlage. Mit Ihrem Angebot, solche nun kurzfristig notwendig werdenden Gespr├ñche  zu moderieren, sind wir einverstanden. Daf├╝r nochmals herzlichen Dank.
  21.  
  22. Eine abschlie├ƒende qualifizierte Beurteilung des Angebots ist uns wegen der noch fehlenden Konkretisierung nicht m├╢glich. Bisherige Gespr├ñchsgrundlage zwischen Herrn Jagdfeld und Tacheles war ein Mietmodell mit einer Perspektive von 30 Jahren (Vertragsverl├ñngerungsoptionen) und einer durch das Gesamtprojekt subventionierten Staffelmiete von
  23.  
  24. ΓÇó    die ersten 5 Jahre mietfrei
  25. ΓÇó    weitere 5 Jahre f├╝r 5 DM/qm mtl.
  26. ΓÇó    weitere 5 Jahre f├╝r 10 DM/qm mtl.
  27. ΓÇó    weitere 5 Jahre f├╝r 15 DM/qm mtl.
  28. ΓÇó    weitere 20 Jahre f├╝r 20 DM/qm mtl.
  29. ΓÇó    weitere 5 Jahre f├╝r 25 DM/qm mtl.
  30.  
  31. Oberfl├ñchlich betrachtet ist das neue Angebot besser, sofern f├╝r den Zeitraum nach dem zehnten Jahr nicht schlechtere Bedingungen gemeint sind, als im Vergleich zu der bisherigen Gespr├ñchsgrundlage. 
  32.  
  33. Unsere wesentlichen Beurteilungskriterien f├╝r die einzelnen L├╢sungsschritte zum Erhalt des Kunsthauses werden sein, ob unsere drei Kernziele mit diesen Schritten erreicht werden k├╢nnen:   
  34.  
  35. ΓÇó    Das Kunsthaus Tacheles mu├ƒ dauerhaft erhalten werden.
  36. ΓÇó    Die finanziellen Bedingungen des Erhalts m├╝ssen tragf├ñhig sein.
  37. ΓÇó    Die Unabh├ñngigkeit der  inhaltlichen Arbeit des Hauses mu├ƒ sichergestellt sein.
  38.  
  39. Bevor jedoch die Regelung der Beziehungen zwischen Herrn Jagdfeld und uns f├╝r eine langfristige Partnerschaft  im Detail besprochen werden kann, ist eine grunds├ñtzliche Interessenabkl├ñrung notwendig.  Ohne da├ƒ eine Interessenabkl├ñrung erfolgt ist, d.h. Tacheles und Herr Jagdfeld die jeweiligen Interessen des anderen verstanden haben und verbindlich akzeptieren, wird eine Partnerschaft nicht erfolgreich sein. 
  40.  
  41. Wir haben in den bisherigen Gespr├ñchen an Herrn Jagdfeld die Erwartung gerichtet, da├ƒ er ohne wirtschaftliche und steuerliche Nachteile gegen├╝ber seinem bisherigen Staffelmietkonzept (abgesehen von einer Verwertung des Grundst├╝cks nach dem Jahr 30, die barwertm├ñ├ƒig heute kaum ins Gewicht f├ñllt) den Subventionswert (Barwert der Differenz aus Kostenmiete und Staffelmiete) in eine Stiftung einbringt. Die steuerliche Machbarkeit haben wir durch Herrn Rechtsanwalt Papenfu├ƒ pr├╝fen lassen.
  42.  
  43. Wir wollen nochmal ausdr├╝cklich betonen, da├ƒ wir nicht eine "barmherzige Leistung" aus dem Privatverm├╢gen von Herrn Jagdfeld  erwarten, sondern die  durch die Einbeziehung des Kunsthaus Tacheles in das Gesamtprojekt realsierbar werdenden wirtschaftlichen  Effekte zu dessen dauerhaften Erhaltung einsetzen wollen. Tacheles als Teil des Gesamtprojektes verursacht nicht nur Sanierungskosten, sondern f├╢rdert als "Kunsthausanker" und damit Ersatz f├╝r den "Kaufhausanker" die wirtschaftliche Verwertung des Gesamtprojektes.  
  44.  
  45. Unsere Erwartungen an Herrn Jagdfeld orientieren sich an den M├╢glichkeiten innerhalb der Gesamtwirtschaftlichkeit des Projektes. Unser  Ziel ist ein ausgewogenes Verh├ñltnis von Leistung ("Kunsthausanker" mit der Folge der verbesserten Grundst├╝cksverwertung insgesamt) und Gegenleistung (dauerhafter Erhalt Tacheles). Um aber verstehen zu k├╢nnen, was tats├ñchlich machbar ist, m├╝ssen wir die Planungen und insbesondere die wirtschaftlichen Rahmendaten des Projektes kennenlernen. 
  46.  
  47. Wir begreifen das neuere Angebot von Herrn Jagdfeld zun├ñchst als eine erste Reaktion auf die R├ñumungsandrohung durch die OFD. In welcher rechtsverbindlichen Form jedoch die Verkehrsichersicherungpflicht auf Herrn Jagdfeld ├╝bergehen und die Verkehrsicherheit kurzfristig hergestellt werden kann, ist uns nicht klar. Nach unserer Kenntnis ist bisher zwischen der OFD und Herrn Jagdfeld kein wirksamer Grundst├╝ckskaufvertrag zustande gekommen. Damit hat die Verbindlichkeit des Gesamtprojektes M├ñngel, die das erhebliche finanzielle Engagement von Herrn Jagdfeld ber├╝hren. 
  48.  
  49. Bisher haben wir Herrn Jagdfeld so verstanden, da├ƒ er nicht nur das Tacheles f├╢rdern, sondern mit der F├╢rderung vor allem die wirtschaftliche Verwertung des angrenzenden Grundst├╝ckes verbessern will.  Das zeigt, da├ƒ eine L├╢sung zum Erhalt von Tacheles nicht unabh├ñngig von der gleichzeitig stattfindenden, verbindlichen Kl├ñrung der Grundst├╝cksfragen  ist.
  50.  
  51. Wir meinen, da├ƒ zun├ñchst gekl├ñrt werden mu├ƒ, ob und wenn ja in welchem Umfang die Verkehrssicherung f├╝r Tacheles nicht gew├ñhrleistet ist. In einem zweiten Schritt sollte konkretisiert werden, mit welchen Ma├ƒnahmen und  f├╝r welche Nutzungen innerhalb welchen Zeitraums die Verkehrsicherung hergestellt werden kann. Soweit die Verkehrsicherung nicht gew├ñhrleistet ist, mu├ƒ auch im Interesse der Nutzer des Hauses untersucht werden, welche rechtlichen Folgen dies f├╝r Nutzer, Verein und Grundst├╝ckseigent├╝mer hat.
  52.  
  53. Wir schlagen vor, baldm├╢glichst mit der Bauaufsicht ein informelles Gespr├ñch zu f├╝hren. Ein solches Gespr├ñch sollte von Tacheles und einem Verteter von Herrn Jagdfeld gemeinsam gef├╝hrt werden. M├╢gliche Termine werden wir bei der Bauaufsicht kurzfristig erfragen.
  54.  
  55. Wenn die OFD schon in K├╝rze Eigent├╝merin des Grundst├╝cks wird, mu├ƒ auch untersucht werden, inwieweit durch Abschlu├ƒ eines Nutzungsvertrages zwischen OFD und Tacheles e.V. die Verkehrssicherungspflicht nicht durch uns vollst├ñndig - soweit ├╝berhaupt m├╢glich - selbst ├╝bernommen werden kann. Hierzu werden wir unabh├ñngig von den durch Sie zu moderierenden Gespr├ñchen mit Herrn Jagdfeld uns  kurzfristig an die OFD wenden und f├╢rmlich den Abschlu├ƒ eines entsprechenden Vertrages anbieten. 
  56.  
  57. F├╝r ein erstes Gespr├ñch k├╢nnten wir an folgenden Terminen zur Verf├╝gung stehen: am 23-09-96 ab 19 Uhr, am 24-09-96 oder am 25-09-96. Wir sollten die Gespr├ñche bis auf weiteres vertraulich f├╝hren. Sie hatten bereits signalisiert, damit einverstanden zu sein.
  58.  
  59. Mit freundlichem Gru├ƒ
  60.  
  61.  
  62.  
  63. Vorstand Tacheles e.V.
  64.